Was aus mir wurde...
Hi, einige werden mich (Jörg, jetzt 43 Jahre, aus Hamburg) wohl noch kennen, ich war bis zum Herbst letzten Jahres relativ häufig in dem anderen Forum aktiv...
Ich mache ja seit dem letzten Jahr eine Gruppen-Psychotherapie, um meinem Problem auf diese Weise zu Leibe zu rücken. Für die Selbsterkenntnis, Selbstreflexion und auch manche Verhaltensweisen hat mit die Therapie einiges gebracht, auch das Feedback der Mitpatienten, die mir auf mannigfache Weise den Kopf gewaschen haben, war so schlecht nicht. Nichtsdestotrotz, habe ich weiter versucht, übers Internet die Frau fürs Leben zu finden, was aber (wie sonst?) nicht klappte, waren alle ganz nett, aber zu mehr kam es nie. Hatte dann noch einen ONS im November, und das wars dann.
Und dann kam die letzte Gruppensitzung des Jahres 2008.
Eine Mitpatientin fragte mich, als wir nach der Sitzung noch in einer Kneipe sassen, ob ich mir denn sicher sei, wirklich heterosexuell zu sein, was ich mit einem entschiedenen JA! beantwortete. (Übrigens wurde mir die selbe Frage auch im Vorgespräch von meinem Therapeuten gestellt, die Antwort war die selbe...)
Nun hatte ich aber über Weihnachten, das ich mit meinen Eltern zusammen bei meiner Schwester in Frankreich verbrachte, genug Zeit, darüber mal nachzudenken, und so fielen mir einige Vorkommnisse ein, die mich daran zweifeln liessen, das ich wirklich 100%ig hetero bin. So kam es vor einigen Jahren mal vor, dass unser Azubi, vom Hobby Bodybuilder, in einem recht engen T-Shirt zur Arbeit kam und ich nur merkte, wenn du den weiter so ansiehst, fällts auf...Ich also zurück in mein (Einzel-)Büro, irritiert gewesen und dann verdrängt und vergessen. Und solche Vorkomnissse kamen in der Vergangenheit häufiger vor. So dämmerte mir dann, das ich zumindest Bi bin, jedoch war ich überzeugt, dass der Hetero-Anteil den Homo-Anteil überwog. Nachdem ich mich dazu auch noch bei Freunden ausreden konnte, meinte ich dann, damit leben zu können, und machte weiter wie bisher. Vor einem guten Monat, ich kam gerade aus dem Urlaub zurück, hats mich dann voll erwischt. Ich hatte den grossen Wunsch, mein „passives“ Wissen über die eigene Bisexualität ins praktische umzusetzen, sprich: Sex mit einem Mann zu haben (dieser Gedanke hatte mich übrigens nie wirklich abgestossen). Das hatte mich auf eine schlimme Emotionale Achterbahnfahrt geschickt.
In der Therapie wurde mir durch meinen Therapeuten und auch durch einen Mitpatienten geraten, mich mal im Magnus-Hirschfeld-Centrum (einem Zentrum für Schwule und Lesben in Hamburg) beraten zu lassen. Dieses habe ich am Montag getan, jedoch passte der Zeitpunkt nicht so richtig, da an dem Tag dort Team-Sitzung war und ich keinen Termin hatte. So reichte es nur für ein kurzes Gespräch. Und das war der Hammer: Der Mann, mit dem ich das Gespräch hatte, war ein Typ á la George Clooney, und hörbar schwul. Es dauerte jedoch nur wenige Minuten, da schoss mir nur ein Gedanke durch den Kopf:
Scheisse, Jörg, du bist ja schwuler, als du dir es bisher zugestehen wolltest...
Übrigens: Ich selber habe keine Probleme mit Schwulen und auch keine Berührungsängste, aber es ist ein riesen Unterschied, wenn dir so peu a peu klar wird, das du nun selber dazugehörst (bzw. seit 25 Jahren, denn schwul ist man oder nicht, aber man wird es nicht). Ich jedenfalls weiss, dass ich von Anfang an zumindest Bi bin, und vielleicht werde ich irgendwann mal sagen: Ich bin schwul, und das ist auch gut so...
Und mein gesamter Freundeskreis hat damit auch keine Probleme, eine Freundin hat mir sogar mal gesagt, wenn du dann irgendwann mal mit einem anderen Mann ankommst, ist doch egal, hauptsache, du bist glücklich und hast deine Erfüllung gefunden, wir bleiben deine Freunde!
Und so befinde ich mich auf u.U. auf meiner eigenen Coming-out Tour...
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